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Wahlrecht > Wahlanfechtung > Pressemitteilung: "Kinder sind Volk" (29.11.1999)

Pressemitteilung

29. November 1999
Kinder sind Volk
Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht
Mitglieder der Berliner Kinderrechtsgruppe K.R.Ä.T.Z.Ä. haben erneut eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Dies sei die Konsequenz aus der Ablehnung ihrer Wahlanfechtung durch den Bundestag, in der es um den Ausschluß der Unter18jährigen vom aktiven Wahlrecht geht. Ziel der KinderRÄchTsZÄnker ist das Wahlrecht ohne Altersgrenze.
Die Gültigkeit der Bundestagswahl von 1998 wird in der zweiten Instanz des Wahlprüfungsverfahrens von der Berliner Jugendgruppe K.R.Ä.T.Z.Ä. weiterhin angezweifelt, da Kinder und Jugendliche nicht mitwählen durften. Heute reichte ihr Anwalt Peter Merk, München, die Beschwerdeschrift beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein. Bundestagswahl von 1998 angezweifelt
In Deutschland herrscht Demokratie: laut Grundgesetz Art. 20 "geht alle Staatsgewalt vom Volke aus" und wird "in Wahlen und Abstimmungen ausgeübt". Da Kinder und Jugendliche zweifellos zum Volk gehörten, sei es verfassungswidrig und damit undemokratisch, Kindern das Wahlrecht vorzuenthalten – so die Ansicht der jugendlichen Kinderrechtler von K.R.Ä.T.Z.Ä. Das Wahlrecht sei das wichtigste politische Grundrecht. Grundrechte würden nicht an Pflichten geknüpft, auch nicht an das Vorhandensein einer bestimmten Reife oder Urteilsfähigkeit. Deshalb mache es auch keinen Sinn, Kinder von Wahlen auszuschließen. Jeder müsse nach dem Prinzip "Ein Mensch - Eine Stimme" das Recht haben, bei allen Entscheidungen, die ihn betreffen, mitzubestimmen. Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus – Art. 20 Grundgesetz

Wahlrecht – politisches Grundrecht

Ein Mensch –
eine Stimme
Überdies würde die Einbeziehung der Kinder und Jugendlichen, die etwa 20% der Bevölkerung darstellen, zu wesentlichen gesamtgesellschaftlichen Verbesserungen beitragen. Kindern würde deutlich gemacht werden, daß sie wichtig sind und ernst genommen werden. Die Politiker und die Parteien müßten der nicht unerheblichen Wählergruppe eigene Angebote machen. Im Bereich Familie, aber insbesondere auch im Bereich Schule würden gegenwärtig offiziell vorwiegend Themen und Sichtweisen favorisiert, die nicht wirklich den Kindern nützen. Natürlich würden auch viele kommunale Probleme und vor allem Zukunftsfragen – Staatsverschuldung, Umweltverschmutzung etc. – in stärkerem Maße als bisher in der Politik berücksichtigt werden. Gesellschaftliche Verbesserungen zu erwarten

Schule, Familie

Staatsverschuldung, Umweltschmutz
Die Beschwerdeführer fordern eine Streichung des Artikels 38(2) Grundgesetz, in dem es heißt: "Wahlberechtigt ist, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat." K.R.Ä.T.Z.Ä. setzt sich dafür ein, daß jeder Mensch, der möchte – unabhängig von seinem Alter – an Wahlen teilnehmen kann. Der altersbedingte Ausschluß wird in Verfassungskommentaren allein damit begründet, daß eine Altersgrenze "historisch erhärtet" sei. Mit anderen Worten: Es war schon immer so. Nach dieser Argumentation dürften Frauen auch heute noch nicht wählen. Streichung von Art. 38(2)

"Es war schon immer so"?
"Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen inneren Widerspruch in der Verfassung", stellt K.R.Ä.T.Z.Ä. fest. Da aber Grundgesetzartikel 20 (Demokratieprinzip) durch die Ewigkeitsklausel des Artikels 79 (3) gegen jegliche Änderungen geschützt ist, sei er neben Artikel 1 (Würde des Menschen) eine "Staatsfundamentalnorm" (Roman Herzog, ehem. Bundesverfassungsgerichtspräsident). Damit sei Art. 20 GG bei einem Konflikt mit anderen Grundgesetzartikeln als höherwertig einzustufen. Deshalb müsse Art. 38 geändert werden. Innerer Widerspruch im Grundgesetz

Staatsfundamentalnorm
Natürlich – so die Mitstreiter von K.R.Ä.T.Z.Ä. – sei nicht zu erwarten, daß die Wahl von 1998 tatsächlich für ungültig befunden werde. Aber auch in der Vergangenheit habe das Verfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgetragen, umgehend die Gesetze in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz zu bringen. Auswirkungen auf zukünftige Wahlen erwartet
Um ihr Interesse durchzusetzen, hatten die KinderRÄchTsZÄnker die Bundestagswahl angefochten. In ihrem Antrag fordern sie, "die Bundestagswahl zum 14. Bundestag vom 27. September 1998 wegen verfassungswidriger Beschränkung des Kreises der aktiv wahlberechtigten für ungültig zu erklären und die sich daraus ergebenden Folgerungen festzustellen". Der Bundestag hatte diesen Antrag, der von einer 13-jährigen, einem 16- und einem 18-jährigem Jugendlichen eingereicht worden war, am 30. September 1999 abgelehnt. Zur Begründung wurde lediglich mitgeteilt, daß der Bundestag selbst sich traditionell nicht zu verfassungsrelevanten Beschwerden äußere. Daher bleibt nur noch der Weg zum Verfassungsgericht. Die 12seitige Beschwerde wurde nun zusammen mit den gesetzlich vorgeschriebenen 100 Unterstützungsunterschriften nach Karlsruhe geschickt. Wahlprüfungsbeschwerde vom Bundestag abgelehnt
Bereits im Jahr 1995 hatten sich zwei Jugendliche von K.R.Ä.T.Z.Ä. mit derselben Problematik an das oberste Gericht gewandt. Die Richter meinten damals, daß die Beschwerde nicht zulässig sei, da sie nicht rechtzeitig eingereicht worden sei. Dies war schon deshalb merkwürdig, weil die Betroffenen sie demnach vor ihrer Geburt, Anfang der 50er Jahre, hätten einreichen müssen. Da sich die Klage aber diesmal auf die Ablehnung ihrer Wahlprüfungsbeschwerde durch den Bundestag bezieht, sei mit einer derartigen formalen Argumentation nicht zu rechnen. Schon 1995 Verfassungsbeschwerde von KRÄTZÄ
Um die Forderung nach einem Kinderwahlrecht weiterzuverfolgen, hatten einige Jugendliche von K.R.Ä.T.Z.Ä. im Vorfeld der Bundestagswahl versucht, in das Wählerverzeichnis eingetragen zu werden. Ihr Antrag war abgelehnt worden. Über die entsprechende Klage vor dem Berliner Verwaltungsgericht entschied der Richter nicht, da bei derartigen Wahlstreitigkeiten der Wahlleiter das letzte Wort habe. Die Beschränkung des Rechtsweges sei aber kein prinzipielles Problem, da sich die betreffenden Jugendlichen mit einer Wahlprüfungsbeschwerde gegen die Gültigkeit der Wahl wenden könnten. Dies ist nun – wie oben beschrieben – geschehen. Eintragung ins Wählerverzeichnis im Vorfeld der Wahl beantragt

SO WAHL UNS GOTT HELFE

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