Kinder- und Jugendschutz
Der gesamte Bereich des Kinder- und Jugendschutzes ist durchzogen von Menschenrechtsverletzungen. Fast alle Regelungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes und des "Gesetzes zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit" (JÖSchG) verstoßen gegen das Prinzip, daß Schutz nicht Einschränkung von Rechten bedeuten darf.
In Deutschland besteht ein grundsätzliches Kinderarbeitsverbot. Junge Menschen die arbeiten wollen, werden durch das Jugendarbeitsschutzgesetz daran gehindert. Kinder ab 13 Jahren dürfen ausgewählte leichte Arbeiten verrichten, allerdings unter strengen Auflagen. So dürfen sie maximal zwei Stunden pro Tag arbeiten, nur an fünf Tagen pro Woche und nur zwischen Schulschluß und 18 Uhr. Kindern unter 13 Jahren ist jegliche bezahlte Arbeit ausnahmslos verboten. Damit verstößt das Jugendarbeitsschutzgesetz gegen Artikel 23 (1) der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, in dem es heißt, daß "Jeder Mensch (...) das Recht auf Arbeit" und "auf freie Berufswahl" hat.
Kinder und Jugendliche, die legal oder illegal arbeiten, erhalten für die gleiche Arbeit oft weniger Lohn als ältere Menschen. Dies steht im Widerspruch zu Artikel 23 (2) AEMR, der besagt: "Alle Menschen haben ohne jede unterschiedliche Behandlung das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit."
Da Kinder weder einen einklagbaren Anpruch auf Taschengeld haben oder über ein staatliches Mindesteinkommen verfügen, wird ihnen durch das Kinderarbeitsverbot die letzte Möglichkeit genommen, legal an Geld heranzukommen. Dadurch sind Kinder finanziell völlig abhängig von ihren Eltern und damit auch besonders erpreßbar.
Menschen unter 18 ist der Aufenthalt an "jugendgefährdenden Orten" verboten, wodurch ihr Recht auf Freizügigkeit (Art. 13 (1) AEMR) eingeschränkt wird.
Außer zum Essen dürfen sich Unter-16-jährige ohne Begleitung von Erziehungsberechigten nicht in Gaststätten aufhalten. 16- und 17-jährige müssen Gaststätten bis 24 Uhr verlassen haben. Für Diskos gilt jeweils das gleiche. Diese Regelungen verstoßen gegen Artikel 27 (1) AEMR, in dem steht: "Jeder Mensch hat das Recht, am kulturellen Leben der Gemeinschaft frei teilzunehmen". Ferner ist Menschen unter 18 der Aufenthalt in "Nachtbars, Nachtclubs oder vergleichbaren Vergnügungsbetrieben" ausnahmslos verboten.
Kinder und Jugendliche unterliegen auch beim Besuch von Kinos einigen Beschränkungen. So wird Menschen unter 6, 12, 16 und 18 Jahren der Zutritt zu einer Vielzahl von Filmen verwehrt. Dies ist nicht nur ein Verstoß gegen das in Artikel 27 (1) AEMR festgeschriebene Recht auf freie Teilnahme am kulturellen Leben, sondern auch eine Verletzung der Informationsfreiheit aus Artikel 19 AEMR. Diese Beschränkungen stellen damit eine Art staatlicher Zensur dar. Gleiches gilt für indizierte sogenannte "jugendgefährdende Schriften". Zusätzliche Einschränkungen ergeben sich daraus, daß Kinder unter 14 Jahren Kinos bis 20 Uhr verlassen müssen. Jugendliche unter 16 dürfen sich maximal bis 22 Uhr und 16- und 17-jährige bis 24 Uhr in Kinos aufhalten, sofern sie nicht in Begleitung eines Erziehungsberechtigten sind.
Die Anwesenheit in öffentlichen Spielhallen und die Teilnahme an Spielen mit Gewinnmöglichkeit ist allen unter 18-jährigen Menschen verboten. Spielautomaten ohne Gewinnmöglichkeit dürfen von unter 16-jährigen nicht ohne Begleitung Erziehungsberechtigter benutzt werden. Diese Einschränkungen stehen ebenfalls im Gegensatz zum Menschenrecht, am kulturellen Leben frei teilzunehmen (Art. 27 (1) AEMR).
Das Rauchen in der Öffentlichkeit ist Unter-16-jährigen verboten, ebenso der Konsum von Alkohol. 16- und 17-jährige dürfen Bier und Wein, nicht jedoch hochprozentigen Alkohol erwerben und zu sich nehmen. Auch diese Regelung schränkt das Recht, am kulturellen Leben frei teilzunehmen (Art. 27 (1) AEMR) ein.
Es geht nicht darum, zu behaupten, daß alle genannten Tätigkeiten ausnahmslos sinnvoll oder frei von Gefahren wären. Vielfach wird aber vermutet, daß staatliche Verbote den Gefahren - z.B. des Alkoholkonsums - vorbeugen können. Bei näherer Betrachtung erweist sich dies als eine unbewiesene Behauptung.
In den hier genannten Bereichen darf jeder Erwachsene selbstbestimmt entscheiden, was er macht und was nicht, egal wie "falsch" und verhängnisvoll seine Entscheidungen vielleicht sind. Wenn Schutz niemals Einschränkung von Rechten bedeuten darf und Kinder deshalb gleichberechtigt sein müssen, darf man auch ihnen nicht das Recht vorenthalten, selbstbestimmt zu entscheiden, wie sie handeln. Kinder- und Jugendschutz müßte dann darin bestehen, sie über potentielle Gefahren aufzuklären, ihnen Informationen und Unterstützung zu geben, die ihnen beim verantwortungsbewußten Umgang mit potentiell gefährlichen Sachen helfen, und sie in ihren Entscheidungen zu beraten.