April 1998
Kinderrechtliche News
Impressum:
Nummer 1 Jahrgang 1 Redaktionsschluß: 30. April 1998 Herausgeber: K.R.Ä.T.Z.Ä. Adresse: news, c/o K.R.Ä.T.Z.Ä., Dunckerstr. 11, 10437 Berlin Layout: Martin Wilke Beiträge: Martin Wilke (V.i.S.d.P.) |
PDS will Wahlrecht ab 16
04.04.1998 Die PDS hat auf ihrem Bundeswahlparteitag in Rostock
beschlossen, die Senkung des Wahlalters auf 16 in ihr Programm für die
Bundestagswahl aufzunehmen. 1
Beschränkungen für unter18jährige Autofahrer
Der Los Angeles Times zufolge tritt in Kalifornien am 1. Juli
ein Gesetz in Kraft, nach dem Jugendliche unter 18 ein Auto weder nachts
zwischen 0 und 5 Uhr steuern dürfen, noch dürfen in den ersten 6 Monaten
nach Erhalten des Führerscheins andere Jugendliche unter 20 mit im Auto
sitzen. Außerdem soll künftig mehr Fahrpraxis notwendig sein, um einen
Führerschein zu erhalten. Viele Jugendliche wollen deshalb jetzt noch
vor Inkrafttreten ihren Führerschein erwerben. In Michigan wurden erst
kürzlich ähnliche Gesetze beschlossen.
Wegen Tattoos von Schule geflogen
08.04.1998 In Texas wurden zwei 17- und 18jährige Mädchen für
den Rest des Semesters von der Schule ausgeschlossen, weil sie sich eine
nackte Frau über den Knöchel tätowiert hatten. Schülern seien Tattoos
jeder Art verboten. Der Direktor störte sich auch an der pornographischen
Art der Körperkunst. 2
Drittes Europäisches Treffen von Kinder- und Jugendparlamentariern
10.04.1998 Im brandenburgischen Kolberg trafen Vertreter von
acht kommunalen Kinderbeiräten aus sechs europäischen Ländern zusammen.
Brandenburgs Bildungsministerin plädierte für eine stärkere Beteiligung
von Kindern und Jugendlichen an kommunalen Planungen. 3,
4
Richterliches Sex-Verbot für Jugendliche
10.04.1998 Ein 16jähriger Junge aus Kalifornien wurde festgenommen
und zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er mit einem 14jährigen
Mädchen Sex hatte. Der Junge klagte gegen das entsprechende Gesetz, weil
er sich in seinen verfassungsmRechten verletzt sah. Er verlor den Prozeß.
5
Keine Änderung wegen Bonner Schülern
14.04.1998 Die Berliner Schulsenatorin Stahmer möchte das Schulsystem
von 400 000 Berlinern (eigentlich sind es fast 500 000 Schüler,
Red.) nicht ... für 350 Bonner ändern. Bonner Fünft- und Sechstkläßler
könnten in eines der 17 Gymnasien, die nach der 4. Klasse beginnen, oder
in eine Grundschule eingegliedert werden. 3
Neuer Kinderknast in England
14.04.1998 Im südenglischen Medway soll am 17. April das erste
von fünf Gefängnissen für 12- bis 14jährige Wiederholungstäter eröffnet
werden. In das Gefängnis kommt, wer mindestens drei Straftaten begangen
hat, für die Erwachsene zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden wären.
Nach Angaben des Innenstaatssekretärs handele es sich aber nicht um Gefängnisse,
sondern um Orte, an denen die Kinder wieder auf den rechten Weg gebracht
würden. Die Kindergefängnisse waren noch von der früheren konservativen
Regierung beschlossen worden. Die Labour-Party hatte das Vorhaben scharf
kritisiert, könne jedoch nun nichts mehr ändern. Die Kosten pro Kind sollen
die eines Luxushotels bei weitem übersteigen. 3
Repression für jugendliche Raucher
16.04.1998 Angesichts steigender Raucherzahlen unter Schülern
will eine High School in Boston im US-Bundesstaat Massachusetts das Lieblingsversteck
der Raucher die Schultoilletten sperren. Wer auf dem Schulgelände
beim Rauchen erwischt wird, muß eine Bußgeld von 50 $ (90 DM) zahlen.
Schüler, die in Florence (New Jersey) dreimal beim Rauchen in der Schule
erwischt werden, kommen vor Gericht. Zwei Schüler wurden bisher zu 30
Stunden Gemeinschaftsarbeit verurteilt.
In Regionen im Süden der USA müssen ertappte Jugendliche sich einer vierstündigen
Bildungsveranstaltung unterziehen und zusätzlich 53 $ (95 DM) Bußgeld
zahlen oder Gemeinschaftsarbeit verrichten.
Der Raucheranteil an High-Schools sei von 34,8% 1995 auf 36,4% 1997 gestiegen.
5
Fahren oder Sitzen
Der Kandidat der Demokraten in Lansing (USA) hat vorgeschlagen, Schulabbrechern
und Schülern, die sich daneben benehmen, die Fahrerlaubnis zu entziehen.
Außerdem sollen Schulschwänzer von der Polizei eingesammelt und an einen
zentralen Ort gebracht werden, von wo ihre Eltern sie abholen können.
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Strafen für Eltern krimineller Kinder?
16.04.1998 Zwei französische sozialistische Abgeordnete schlagen
in einem Bericht über Jugendkriminalität vor, die Eltern straffälliger
Kinder stärker zur Rechenschaft zu ziehen. Diese Möglichkeit gibt es schon
lange; sie wird aber fast nie angewendet. Demnach drohen Eltern bis zu
zwei Jahren Gefängnis, wenn sie ihre Kinder vernachlässigen und dadurch
deren kriminelle Karriere fördern. 5
Proteste gegen das Wahlalter in USA und Kanada
17.04.1998 Schüler aus Ottawa (Kanada), Dallas (Texas) und Manchester
(New Hampshire) haben sich mit YouthSpeak zusammengetan, um Geschichte
zu schreiben. In Ottawa waren für den Nachmittag Proteste beim Parliament
Hill und in Manchester vor dem Gerichtsgebäude geplant.
Operation Register ist der erste überregionale Versuch das
Wahlalter zu senken. Dabei handelt es sich um eine Reihe von Veranstaltungen,
die daraus bestehen, daß junge Menschen zu den Abstimmungsorten gehen
und versuchen, sich registrieren zu lassen. Mit diesen gewaltfreien und
symbolischen Protesten soll das Thema Jugendwahlrecht in die Öffentlichkeit
getragen werden. Operation Register wird in den nächsten Monaten überall
in den Vereinigten Staaten stattfinden.
Avi Hein, Vorsitzender von YouthSpeak, glaubt, daß die Aktion ein erster
Schritt sein wird, um in Bezug auf das Jugendwahlrecht Geschichte zu schreiben.
Die schwarze Bevölkerung hatte das Wahlrecht in den 60ern auf die gleiche
Weise erlangt.
YouthSpeak tritt für die Abschaffung der Wahlaltersgrenze ein, hält eine
vorläufige Senkung aber für sinnvoll. 8
Alkoholtests bei Schulveranstaltungen
17.04.1998 In Westport (Massachusatts, USA) erwägt die Schulleitung,
Alkoholtests für alle Teilnehmer bei Schulveranstaltungen einführen. Die
American Civil Liberties Union (ACLU) kritisierte den Vorschlag scharf.
Der verdachtsunabhängige Test könnte als illegale Durchsuchung gewertet
werden. 9
Berliner CDU für Abitur nach 12 Jahren
18.04.1998 Der Landesvorstand der Berliner CDU ist sich einig,
die Schulzeit bis zum Abitur von jetzt 13 Jahren auf 12 Jahre zu verkürzen.
Diepgen hatte dies bereits einige Tage zuvor gefordert. Er sagte: Nach
dem Fall der Mauer wurde die Chance verpaßt, die Schulzeit in der Bundesrepublik
zu verkürzen. Die SPD-Fraktion ist sich nicht einig, Schulsenatorin
Stahmer ist gegen die Verkürzung.
Etwa eine Woche zuvor hatten 20 Eltern aus Pankow und Tegel für die Einrichtung
weiterer Express-Abitur-Klassen geklagt. 3
Bayern für Kollektivbestrafung
20.04.1998 Um Jugendkriminalität zu bekämpfen will die bayerische
CSU die Eltern ausländischer jugendlicher Mehrfachstraftäter gleich mit
ausweisen. Die anderen Parteien übten scharfe Kritik. 4
Aktion mündige Schule Volksinitiative erfolgreich
20.04.1998 Die Aktion mündige Schule (AMS) ist mit
ihrer Volksinitiative offenbar erfolgreich. Der Verein hat nach eigenen
Angaben bereits 35 000 Unterschriften gesammelt; 20 000 wären ausreichend
gewesen. Nun muß sich der Kieler Landtag mit dem Vorhaben befassen. Lehnt
er den Gesetzesentwurf ab, kommt es zu einer Volksabstimmung. AmS setzt
sich für Schulfreiheit ein. In ihrem Entwurf für das Schulgesetz
ist nicht mehr von Schulpflicht die Rede, sondern von einem Recht des
Schülers auf Bildung. Allerdings sollen die Eltern über die Schulwahl
entscheiden. 10
CDU für Elite-Bildung
21.04.1998 Bildungspolitik soll eines der Wahlkampfthemen der
Berliner CDU sein. Sie fordert: Mut zur Leistung und Elite.
An Gymnasien müßten Eingangsprüfungen eingeführt werden. 3
Umfrage zu Gleichberechtigung
23.04.1998 Wenn Teens für das Begehen einer Straftat wie
Erwachsene behandelt werden können, sollten dann ALLE Teens die gleichen
Rechte haben wie Erwachsene? Diese Frage stellte das US-amerikanische
Online-Umfrage-Magazin VoteLink. Von 286 Befragten waren 45% dafür, 47%
dagegen, der Rest enthielt sich.
AI: Menschenrechtsverletzungen an Kindern in Südasien
23.04.1998 In Südasien werden nach Angaben von Amnesty International
(AI) Kinder gefoltert, zur Prostitution gezwungen, in Fabriken ausgebeutet
und als Soldaten mißbraucht. In Pakistan und Bangladesch werde gegen Minderjährige
die Todesstrafe verhängt. In Pakistan hielten Großgrundbesitzer Kinder
in eigenen Gefängnissen fest. Nach Erkenntnissen von AI werden Kinder
von Nepal nach Indien und von Bangladesch nach Pakistan verkauft und als
Prostituierte oder Dienerinnen ausgebeutet.
In Karachi (Pakistan) und Dhaka (Bangladesch) startete die Organisation
am 22. April eine Kampagne für die Menschenrechte der Kinder. 11
Schwänzen wird teuer
23.04.1998 Schulschwänzer in den Niederlanden müssen demnächst
mit Strafen von 100 Gulden (ca. 90 DM) rechnen, bestätigte das Kulturminsterium.
12
Brandanschlag auf Schule
24.04.1998 Ein 15jähriger Schüler aus Falkenberg in Bayern hat
in der Nacht zum 23.04. versucht, seine Schule anzuzünden, um am nächsten
Tag nicht in einer Hauswirtschaftslehreprüfung kochen zu müssen. Es entstand
ein Schaden von 15 000 DM. 13
Politiker für mehr Zensur im Fernsehen
25-29.04.1998 Die bayrische Sozialministerin Barbara Stamm möchte
durch ein Gesetz verhindern, daß in Nachmittagstalkshows über Sex-Themen
geredet wird. Dies sei im Sinne des Kinderschutzes notwendig, da sich
viele Kinder solche Sendungen ansähen.
Bundesjugendministerin Nolte, Bayerns Ministerpräsident Stoiber und Bayern-SPD-Vorsitzende
Renate Schmidt sprachen sich ebenfalls dafür aus. 12,
13, 14,
15
Grüne wollen Wahlrecht ab 16
25.04.1998 Die Fraktion der Grünen im rheinland-pfälzischen Landtag
will, daß bei der Kommunalwahl 1999 auch 16jährige mitwählen dürfen. Auch
die Jusos des Landes forderten, das Wahlalter auf 16 zu senken. 16
0,8% wählten future!
27.04.1998 Die erstmals zur Wahl in Sachsen-Anhalt angetretene
Partei future! Die Jugendpartei erhielt 11411 gültige
Stimmen, das entspricht 0,76%. Damit landete sie auf Platz 7 vor den Republikanern,
dem FORUM und der DMP.
Future! setzt sich vor allem für Zukunfts- und Jugendinteressen ein. 12,
17
Kleinere und größere Klassen
27.04.1998 Stadtentwicklungssenator Peter Strieder will in den
Innenstadtbezirken die Klassenfrequenzen verkleinern, dafür sollen sie
in den reicheren Bezirken um fünf Schüler steigen.
Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen hat unterdessen eine Obergrenze
von 25% bis 30% für den Ausländer-Anteil in den Schulklassen gefordert.
3
10 Jahre Kinderkommission
28.04.1998 Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages besteht
nun seit 10 Jahren. Mitglieder der Kommission forderten eine Ausweitung
der Befugnisse. Die Kommission solle zukünftig ein eigenes Antragsrecht
im Bundestag haben. Die SPD-Abgeordneten Wilhelm Schmidt und Dorle Marx,
forderten einen Bundeskinderbeauftragten, der alle Felder der Politik
auf Kinderrechtsverträglichkeit überprüfen müsse. Herbert Werner
(CDU) ist der Ansicht, daß zur Durchsetzung von Wertschätzung und
Respekt vor der Würde des Kindes noch viel zu tun bleibe.
15, 16
Kontrollanruf bei Schulschwänzern
28.04.1998 Schülern, die in Görlitz unentschuldigt fehlen, droht
ein Kontrollanruf in der zweiten Stunde. Unter den 20 000 Schülern der
Stadt seien etwa 20 harte Fälle. Die bisher höchste verhängte
Strafe wegen Nichtbefolgens der Schulpflicht beträgt 1 100 DM. 18
Anreize für Schulbesuch
28.04.1998 Mit einem neuen Programm will die brasilianische Regierung
dazu beitragen, daß schulpflichtige Kindern tatsächlich zur Schule gehen.
Den Familien wird ein Betrag gezahlt, der etwa dem entspricht, was ein
Kind in der gleichen Zeit verdient. Zur Zeit gehen etwa 9 % der schulpflichtigen
Kinder nicht zur Schule. 19
Bombendrohung in Schule
28.04.1998 Aus Rache für schlechte Zensuren rief ein Schüler
aus Düsseldorf kurz vor einer Klausur bei der Polizei an und meldete,
in seiner Schule werde gleich eine Bombe explodieren. Die Schule wurde
geräumt. Die Klausur fand trotz Verzögerung statt. Der Schüler flog mit
sofortiger Wirkung von der Schule. Das Verfahren gegen ihn wurde gegen
einen Geldbuße eingestellt. 20
Junge Union will mehr Erziehung
28.04.1998 Die Junge Union Nordwürttemberg traf sich, um über
das Thema Jugendkriminalität zu diskutieren. Der CDU-Nachwuchs forderte
in einem Positionspapier u.a. die Einführung der Schuluniform, eine konservativere
und autoritärere Schule als bisher, sowie härtere Maßnahmen für Straffällige
unter 14 Jahren. 21
Europarat trifft sich zu Kinderschutz
28.04.1998 Am 26. April kamen Regierungsmitglieder der 40 Staaten
des Europarats in Straßburg zusammen, um die Umsetzung von Maßnahmen zum
Kinderschutz zu überprüfen, die auf dem Stockholmer Weltkongreß vor zwei
Jahren beschlossen worden waren. 5
Senat will Schulpflicht ab 5
28.04.1998 Der Berliner Senat will eine allgemein Vorschulpflicht
testen. Ziel sei es, daß ausländische Kinder früher Deutsch lernen. Bisher
besucht nur etwa ein Drittel eine Vorschule. 3
90% der Eltern schlagen ihre Kinder
29.04.1998 90% der österreicher Eltern geben zu, ihre Kinder
mit Ohrfeigen und ähnlichem zu bestrafen. Ein Drittel der Eltern steht
auch schwerer körperlicher Züchtigung nicht abgeneigt gegenüber. Die Prügelstrafe
ist in Österreich seit mehreren Jahren verboten. 22
98mal Bußgeld für Schwänzer
In Düsseldorf wurden im vergangenen Jahr 98 Bußgeldbescheide bis zu 1
000 DM wegen Schulverweigerung verhängt. Nach Schätzungen
gibt es ca. 150 regelmäßige Schwänzer in der Stadt. 20
Nochmal Wahlalter 16
30.04.1998 Die österreicher Kinderfreunde sprechen
sich für eine Senkung des Wahlalters auf 16 auf kommunaler Ebene aus.
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Quellen: 1 Phoenix, 2 Los Angeles
Times, 3 Berliner Zeitung, 4 ADN, 5 AP, 6 Reuters, 7
The Detroid News, 8 Youthspeak, 9 Standard-Times,
10 Aktion mündige Schule, 11 Berliner
Morgenpost, 12 ARD-Video-Text, 13 Passauer Neue Presse, 14
Saarbrücker Zeitung, 15 Main-Rheiner, 16 future!, 17 Neue-Westfälische, 18 Sächsische Zeitung, 19
Neue Zürcher Zeitung, 20 EXPRESS Düsseldorf, 21 Wertheim und Umgebung,
22 Der Standard
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