Juli-Ausgabe
Kinderrechtliche News
Nachrichten von Juni 1998
Impressum:
Nummer 3 Jahrgang 1 Redaktionsschluß: 02.07.1998 Herausgeber: K.R.Ä.T.Z.Ä. Adresse: news, c/o K.R.Ä.T.Z.Ä., Dunckerstr. 11, 10437 Berlin Layout: Martin Wilke Beiträge: Martin Wilke (V.i.S.d.P.) Dank auch an Patrick Schimpke |
Nachtrag: Mai
Junge Menschen von Vormittags-Ausgangsverbot bedroht
31.05.1998 In Riverside County (Kalifornien) steht ein Beschluß
über ein Ausgangsverbot für Minderjährige bevor. Kinder, die sich vormittags
in der Öffentlichkeit aufhalten, machen sich strafbar. Ebenso Eltern,
die dies dulden. Für jeden einzelnen Verstoß können bis zu 500 US$ oder
6 Monate Gefängnisstrafe verhängt werden. Mit dem Gesetz soll verhindert
werden, das Kinder die Schule schwänzen.
Juni
Kinderkarawane gestartet
01.06.1998 Unter dem Motto Kinder haben Rechte ist
in Leipzig anläßlich des internationalen Tages des Kindes die Kinderkarawane
1998 gestartet. Sie führt durch 50 Orte und erreicht nach 9 000 km am
20. September (Kindertag) Berlin. Ziel der Aktion von Deutschem Kinderhilfswerk
und Bundesjugendministerium ist es, die UN-Kinderrechtskonvention bekannter
zu machen. 1
Global March-Demonstration gegen Kinderarbeit
02.06.1998 Zum Abschluß des Global March against child labor
demonstrierten über 1 000 Menschen in Genf für die Abschaffung der
schlimmsten Formen von Kinderarbeit. Anlaß war das Jahrestreffen
der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), auf der über eine entsprechende
Konvention zu Kinderarbeit beraten wird. 2
JU-Vorsitzender will schlechten Eltern Kindergeld kürzen
02.06.1998 Aus der Erziehungsberechtigung muß wieder eine
Erziehungspflicht werden, meint der Vorsitzende der Jungen Union
Bayerns Markus Söder. Er will, daß schlechten Eltern das Erziehungsgeld
für einige Monate gekürzt oder ganz gestrichen wird. SPD-Familienpolitikerin
Edith Niehuis bezeichnete einen solchen Vorschlag als totalen Unsinn.
3,4
Unterricht in Kalifornien künftig nur noch einsprachig
04.06.1998 In einem Volksentscheid haben sich 61% der Erwachsenen
Kalifornier dafür ausgesprochen, daß künftig nur noch in englischer Sprache
unterrichtet wird und nicht mehr in spanischer. Knapp ein Viertel der
kalifornischen Schüler, zumeist Einwanderer aus Mexiko, sind davon betroffen.
5
Beratung über Zusammenlegung der ersten und zweiten Schulklasse
04.06.1998 Das Schleswig-Holsteiner Kultusministerium berät darüber,
ob die erste und zweite Klasse zu einer pädagogischen Einheit
zusammengelegt werden sollen, in der die Kinder je nach ihren Ergebnissen
ein bis drei Jahre verbringen würden. 6
Inline-Skating in der Schule
05.06.1998 Demnächst bieten 60 Schulen in Schleswig-Holstein Inline-Skating
als Bestandteil des Sportunterrichtes an. Es ginge vor allem auch um die
Verringerung der Unfallgefahr.
An verschiedenen norddeutschen Schulen sind Zirkus, Kanufahren, Rudern,
Zoopädagogik, Astronomie, Archäologie, Rechtskunde, Japanisch,
Hebräisch, Chinesisch und Plattdeutsch im Angebot. 7
Kein organisiertes Schulgebet
05.06.1998 Der Versuch der republikanischen Mehrheit im US-Repräsentantenhaus,
Gebete in der Schule einzuführen, ist gescheitert. Da es sich um einen
Verfassungszusatz handeln sollte, wäre statt der einfachen eine 2/3-Mehrheit
notwendig gewesen. 8
Hurrelmann für mehr Mitbestimmung
06.06.1998 Auf einer Veranstaltung des Schleswig-Holsteinischen
Landtages und des Landesjugendringes unter dem Motto Ohne uns? Nix
da! forderte Jugendforscher Klaus Hurrelmann, Schüler aktiv an der
Lehrplangestaltung und an Schulkonferenzen zu beteiligen. Das Wahlalter
sollte seiner Meinung nach auf 13 oder 14 Jahre gesenkt werden. 9
Herzog fordert Qualität statt Quantität beim Lernen
09.06.1998 Bundespräsident Roman Herzog zufolge, müsse es mehr
um die Qualität des Lernens als um die Quantität der Bildung gehen. In
der Schule würde immer noch zu viel Wissen vermittelt, das kaum einen
Bezug zum Leben außerhalb der Schule habe. Es seien verschiedene Arten
von Schulen denkbar, die das lehrten, was im Leben vorkomme. Allerdings
wies er auch auf den Erziehungsauftrag hin, den Schule habe.
2
Frankreich will Sippenhaft einführen
09.06.1998 Die französische Regierung will Eltern von kriminellen
Kindern mit bis zu 2 Jahren Gefängnis und mit bis zu 70 000 Mark
Geldstrafe bestrafen, wenn sie ihre Aufsichtspflicht grob vernachlässigten.
10
Ausgangssperre senkt Kriminalität nicht
10.06.1998 Eine Studie des Justice Policy Institute
kommt zu dem Ergebnis, daß Ausgangssperren für Jugendliche die Kriminalitätsrate
nicht senken. In der kalifornischen Stadt Monrovia stieg die Jugendkriminalität
sogar beträchtlich an, nachdem eine Ausgangssperre von 08.30 Uhr bis 13.30
Uhr verhängt worden war, um Schüler vom Schwänzen abzuhalten. In den Ferien
sank die Rate wieder. 11
Schulpflicht per Internet erfüllt
11.06.1998 In Italien darf eine Schülerin erstmals ihre Schulpflicht
per Internet erfüllen. Die Ausnahmegenehmigung wurde erteilt, weil die
sechsjährige Chiara del Lama auf der fast menschenleeren Insel Montecristo
wohnt. Ab September wird sie über das Internet an eine Schule auf dem
Festland angeschlossen, von der aus sie unterrichtet wird. 12
Schulstreß führt auch zu körperlichen Beschwerden
12.06.1998 Der Präsident des österreichischen Bundesverbandes für
Psychotherapie weist darauf hin, daß Schulstreß auch zu körperlichen Beschwerden
führt. Gerade vor den Zeugnissen hätten viele Schüler Angst vor den Reaktionen
ihrer Eltern. Diese Angst wirke sich z.B. in Kopfschmerzen aus. 13
Benachrichtigung der Eltern bei Abtreibung nicht erforderlich
14.06.1998 Der Gouverneur von Florida hat mit seinem Veto ein Gesetz
verhindert, wonach unter-18-jährige Mädchen ihre Eltern mindestens 48
Stunden vor einer Abtreibung davon in Kenntnis setzen müssen. Das Oberste
Gericht von Florida hatte bereits vorher festgestellt, daß ein solches
Gesetz die Privatsphäre der Mädchen einschränkt und verfassungswidrig
wäre. Das Recht auf Abtreibung steht allen Frauen zu, unabhängig davon,
ob sie erwachsen sind. 2
Neue Blue Ribbon-Kampagne auch gegen Internet-Zensurprograme
17.06.1998 Die neue Blue Ribbon-Kampagne richtet sich
gegen ein Gesetz, wonach alle Schulen, Bibliotheken und andere vom Staat
geförderte Einrichtungen gezwungen sind, Internet-Filterprogramme zu installieren.
Andernfalls würden sie nicht mehr finanziell gefördert. Vor allem junge
Menschen sollen dadurch am Zugang zu Seiten sexuellen und anderen jugendgefährdenden
Inhalts gehindert werden. Bürgerrechtsorganisationen sehen die Meinungsfreiheit,
wofür die blaue Schleife (blue ribbon) das Symbol ist, durch solche Internet-Filterprogramme
gefährdet. In der neue Kampagne geht es ausdrücklich auch um die Rechte
von Kindern und Jugendlichen. 14
Bayern will Kurssystem der Oberstufe abschaffen
19.06.1998 Der bayrische Kultusminister Zehetmair will im Rahmen
einer Bildungsreform die Oberstufe des Gymnasiums vom Kurssystem befreien.
Zudem soll es auch in den ersten Klassen schon Fremdsprachenunterricht
geben. 15
Ethik als Pflichtfach nicht verfassungswidrig
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Teilnahmepflicht am Ersatzfach Ethik
für konfessionslose Schüler für nicht verfassungswidrig befunden. Ein
Baden-Württemberger Schüler und seine Eltern sahen in der verpflichtenden
Teilnahme einen Verstoß gegen die Glaubens- und Gewissensfreiheit. Da
es keine Religionspflicht gebe, könne es auch keine Religionsersatzpflicht
geben, so die Kläger. (AZ: BVerwG 6C11.97) 16
Schulreform in Österreich
19.06.1998 In Österreich dürfen Schulen künftig Kinder der Vorschule
zusammen mit Schülern der ersten und zweiten Klasse unterrichten. In diesem
Zeitraum wird die Beurteilung durch Noten um eine verbale Beurteilung
ergänzt. Außerdem wird bereits in der ersten und zweiten Klasse der Volksschule
Englischunterricht gegeben. 16
Eltern dürfen sich Geschlecht des Kindes nicht aussuchen
19.06.1998 Die Niederländische Regierung hat den Betrieb einer
Privatklinik verboten, die Eltern vor einer künstlichen Befruchtung das
Geschlecht des Kindes bestimmen läßt, was ethisch unvertretbar
sei. 17
Homosexuelle Beziehungen jetzt ab 16 erlaubt
23.06.1998 Das britische Unterhaus hat gestern mit großer Mehrheit
ein Gesetz beschlossen, das homosexuelle Beziehungen ab 16 Jahren erlaubt.
Erst vor vier Jahren war die Altersgrenze von 21 auf 18 Jahre herabgesetzt
worden. Die Homosexuellen-Organisation Out Rage will nun eine Kampagne
zur Senkung des Mindestalters auf 14 Jahre starten. 18
Schülergewerkschaft gegründet
23.06.1998 In Österreich hat sich eine Schülergewerkschaft gegründet.
19
ÖVP und SPÖ einig über Wahlalter 16
24.06.1998 Die steirischen Großparteien ÖVP und SPÖ sind sich darüber
einig, daß Wahlalter für Landtags- und Gemeinderatswahlen auf 16 Jahre
zu senken. 19
Späterer Unterrichtsbeginn, damit Jugendliche ausschlafen können
26.06.1998 Immer mehr US-amerikanische Schulen verschieben den
Schulbeginn für Oberstufenschüler nach hinten. Viele Jugendlichen hätten
ihre schulischen Leistungen seitdem verbessert. Untersuchungen des menschlichen
Schlafverhaltens hatten ergeben, daß Jugendliche von Natur aus spät ins
Bett gehen und morgens länger schlafen, wogegen Kinder früh aufstehen.
20
Kanther für Sicherheit durch Erziehung
30.06.1998 Bundesinnenminister Manfred Kanther ist der Ansicht,
daß es, um Kriminalität zurückzudrängen, einer Erziehung zum Rechtsempfinden
bedürfe. Vorhandene Rechtsmittel müßten konsequenter ausgenutzt werden.
21
Streit um Erziehungsziele der Schule
30.06.1998 In der Diskussion um das österreichische Schulgesetz
ist ein Streit über die Erziehungsziele der Schule entbrannt. Die Vorsitzende
des oppositionellen Liberalen Forums lehnt die Passage über Erziehung
zu religiösen Werten und zur Pflichttreue ab. Die Bildungssprecherin der
konservativen ÖVP hingegen hält diese Erziehungsziele für notwendig. 13
Schnellere Bestrafung gefordert
30.06.1998 Die Innen- und Justizminister von Schleswig-Holstein
wollen jugendliche Straftäter künftig schneller bestrafen. Polizeibeamte
dürften Erziehungsgespräche führen und Arbeitseinsätze verordnen.
Von der Neuen Richtervereinigung wird dieser Vorschlag heftig kritisiert.
20
Streit um grundständige Gymnasialzüge dauert an
Der Streit um die Einrichtung weiterer grundständiger Gymnasialzüge in
Berlin dauert an. Etliche Schüler, Eltern und der Regierende Bürgermeister
Eberhard Diepgen (CDU) befürworten die Einrichtung weiterer bereits nach
der vierten Klasse beginnender Gymnasialklassen, während Schulsenatorin
Stahmer (SPD) nur für aus Bonn Zuziehende solche Plätze zur Verfügung
stellen will. 16
Quellen: 1 Rheinische Post, 2 AP, 3 Hamburger Abendblatt, 4 AFP,
5 Stuttgarter Zeitung, 6 Lübecker Wochenspiegel, 7 Kieler Nachrichten,
8 New York Times, 9 Lübecker Nachrichten, 10 Berliner Morgenpost, 11 USA
Today, 12 epd, 13 Die Presse, 14 Peacefire, 15 Nürnberger Nachrichten,
16 Berliner Zeitung, 17 dpa, eu, 18 taz, 19 Salzburger Nachrichten, 20
Die Welt, 21 Frankfurter Neue Presse
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