September-Ausgabe

Kinderrechtliche News
Nachrichten von Juli und August 1998
 

Impressum: 

Nummer 4 Jahrgang 1 Redaktionsschluß: 01.09.1998 Herausgeber: K.R.Ä.T.Z.Ä. Adresse: news, c/o K.R.Ä.T.Z.Ä., Dunckerstr. 11, 10437 Berlin Layout: Martin Wilke Beiträge: Martin Wilke (V.i.S.d.P.) Danke für’s Artikel sammeln auch an Christoph Klein, Patrick Schimpke und Konstantin Wreh


Nachtrag: Juni

Verschlechterte Rechtsstellung Jugendlicher in den USA

In mehreren US-Staaten treten Gesetze in Kraft, welche die Rechtsstellung von Jugendlichen weiter verschlechtern.

In Louisiana wird das Mindestalter für Videopoker und Lotto spielen von 18 auf 21 Jahre hochgesetzt.

In Kentucky darf man künftig erst ab 16 heiraten. Ausnahmen gibt es nur für schwangere Mädchen, sofern ein Richter zustimmt. Bisher gab es für das Heiraten in Kentucky kein Mindestalter.

In South Carolina, Virginia und Kalifornien werden die Bestimmungen für das Autofahren verschärft. Teilweise dürfen Jugendliche dann nicht mehr nachts fahren und nicht ohne Begleitung Erwachsener.

Minderjährige, die beim Rauchen erwischt werden, müssen in South Dakota 200$ statt bisher 20$ Strafe zahlen. Jugendliche, die in Colorado Tabak kaufen, müssen nun 100$ statt 50$ Strafe zahlen. In New Mexico ist es Freunden und Verwandten nun verboten, für Minderjährige Alkohol zu kaufen. 1


Juli

Neues Kindschaftsrecht in Kraft

01.07.1998 Mit der Reform des Kindschaftsrechts werden nichteheliche und eheliche Kinder einander rechtlich gleichgestellt. Künftig ist das Kind zum Umgang mit beiden Elternteilen berechtigt. Unverheirateten Eltern steht die gemeinsame Sorge zu. Ein Züchtigungsverbot enthält das neue Gesetz nicht. Es besagt lediglich, daß "körperliche und seelische Mißhandlungen" unzulässig sind. 2

Jugendarbeitsschutz konkretisiert

01.07.1998 Den konkretisierten Jugendarbeitsschutzbestimmungen zufolge, ist es schulpflichtigen Menschen ab 13 Jahren erlaubt, Zeitungen auszutragen, in privaten Haushalten zu helfen und einzukaufen, zu babysitten und Nachhilfeunterricht zu geben. Allerdings sind diese Tätigkeiten auf fünf Tage pro Woche und zwei Stunden täglich beschränkt, welche zwischen Schulschluß und 18 Uhr liegen müssen. „Gefährliche Tätigkeiten" sowie die Beschäftigung in Wirtschaft, Produktion und Handel sind verboten. 3

Bayern will geschlossene Heime

01.07.1998 Bayern will mit einer Bundesratsinitiative erreichen, daß strafauffällige Kinder bundesweit in geschlossenen Heimen untergebracht werden. Justizminister der Länder und der Kinderschutzbund lehnen dies ab. Außerdem forderte die bayrische Landesregierung die Einführung eines richterlichen Erziehungsgespräches. 4

Härtere Strafen gefordert

03.07.1998 Nach der Ermordung eines Hamburger Händlers durch zwei 16-jährige haben Politiker von CDU, FDP und SPD härtere Strafen gefordert. Dabei sprach Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig sich dafür aus, kriminelle Kinder "notfalls" in geschlossene Heime einzuweisen. Es gehe um "einen letzten Versuch der erzieherischen Einwirkung". Laut Bundesinnenminister Manfred Kanther seien vor allem schnellere Strafverfahren nötig, „damit die Strafe der Tat schneller auf dem Fuße folgt". Bundestagspräsidentin Süßmuth hält "Erziehung zur Gewaltlosigkeit" für notwendig und "daß jungen Menschen Grenzen gesetzt werden und eine strikte Regeleinhaltung eingeübt wird".

Roland Koch fordert Heraufsetzung des Wahlalters

06.07.1998 Der Vorsitzende der hessischen CDU will, falls die CDU in Hessen wieder an die Macht kommt, das Wahlalter wieder auf 18 Jahre heraufsetzen. Die rot-grüne Landesregierung hatte erst vor einigen Wochen das Wahlalter für Kommunalwahlen auf 16 Jahre gesenkt. 5

Chance-2000-Kandidat für Jugendwahlrecht

06.07.1998 In einem Zeitungsinterview sagte der Kandidat von Chance 2000 in Hamburg-Mitte André Frost: "Jugendliche haben viel zu wenig Freiräume. Deswegen bin ich dafür, daß sie ein aktives Wahlrecht bekommen." 6

Zeugnisse in die Luft gejagt

08.07.1998 Rund zwei Dutzend Jugendliche versammelten sich in Berlin vor dem Schöneberger Rathaus, um ihre Zeugnisse bzw. Kopien davon per Heliumballon zu versenden. Zu der Aktion unter dem Motto "Zeugnisse in die Luft jagen" hatte die Linke SchülerInnenAktion (LiSA) aufgerufen, um auf den repressiven Charakter von Zensuren aufmerksam zu machen. Im Januar hatte die Gruppe anläßlich der Halbjahreszeugnisausgabe eine Zeugnisverbrennung veranstaltet. 7

Wer geschlagen wird, schlägt öfter zu

09.07.1998 Laut einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen zur Jugendkriminalität werden junge Menschen die selber geschlagen werden überdurchschnittlich oft gewalttätig. 52% der Hannoveraner 14- bis 18-jährigen Jugendlichen werden von ihren Eltern geschlagen. 44% der jugendlichen Straftäter gehören zu den rund 10% der Jugendlichen, die von ihren Eltern besonders schwer mißhandelt werden, wozu "Faustschläge und Tritte ins Gesicht, Knochenbrüche und Verbrennungen" zählen. 6

APPD fordert Abschaffung der Schulpflicht

Die Anarchistische Pogo-Partei Deutschlands (APPD) fordert in ihrem Programm unter anderem die Abschaffung der Schulpflicht, das aktive und passive Wahlrecht ab 6 Jahren, sowie ein elternunabhängiges Einkommen für junge Menschen. (Mehr dazu unter http://www.appd.de) 8, 9

Alle Wahlprogramme sind kinderunfreundlich

12.07.1998 Die Arbeitsgruppe "Gleichberechtigung der Generationen" des 2. Jugendkongresses der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen (SRzG) kam zu dem Ergebnis, daß die Wahlprogramme aller im Bundestag vertretener Parteien kinderunfreundlich sind. Soweit die Parteien sich dazu äußerten, waren alle gegen das Wahlrecht ohne Altersgrenze. Ansätze von wirklicher Gleichberechtigung finden sich nur im Wahlprogramm der PDS. Die Grünen sind die einzige Partei, die sich für ein ausdrückliches Züchtigungsverbot ausspricht. PDS und Grüne erkennen das Kind als eigenständige Persönlichkeit an, die SPD nur in Ansätzen. Am schlechtesten schnitt die CDU ab. Die FDP äußerte sich zu keinem einzigen Punkt.

Liberale für Wahlrecht ab 16

14.07.1998 Das Liberale Forum (LIF) Niederösterreichs fordert das kommunale Wahlrecht ab 16.

Erziehungsanspruch des Staates

14.07.1998 Das Bundesverfassungsgericht hat die Klage zweier Eltern gegen die Rechtschreibreform abgelehnt. In der Begründung heißt es unter anderem, die Neuregelung verletze weder das Persönlichkeitsrecht des Kindes noch das Erziehungsrecht der Eltern. Diesem stehe der Erziehungsanspruch des Staates gleichwertig gegenüber. 10

Sex ab 13

17.07.1998 In Österreich steht das neue Sexualstrafrecht vor der Verabschiedung. Mädchen und Jungen dürfen dann einvernehmlichen Geschlechtsverkehr haben, wenn Sie mindestens 13 (statt bisher 14) Jahre ist und Er nicht mehr als drei (statt bisher zwei) Jahre älter ist. Der sozialdemokratische Justizminister war für eine Altersgrenze von 12 Jahren, die konservative ÖVP weiterhin für 14 Jahre, sodaß man sich auf 13 geeinigt hatte.

Sogenannte "beischlafähnliche Handlungen" wie z. B. Oral- oder Analverkehr, die bisher ab 12 Jahren erlaubt waren. werden nun dem Geschlechtsverkehr gleichgestellt und sind somit erst ab 13 erlaubt.

Weniger intensive Intimkontakte sind auch zukünftig ab 12 Jahren erlaubt, sofern der Partner nicht mehr als vier (statt bisher zwei) Jahre älter ist. 11, 12

Mal wieder Wahlrecht ab 16 gefordert worden

23.07.1998 Brigitte Tegischer, Jugendsprecherin der österreichischen SPÖ, hat gefordert, daß Jugendliche ab 16 Jahren an Kommunalwahlen, Volksbegehren und Bürgerinitiativen teilnehmen dürfen. 13

Umfrage unter Jugendlichen zu Politik

24.07.1998 Anläßlich der Bundestagswahl Ende September wurde im Raum Wadern eine Umfrage unter 16- bis 18-jährigen Jugendlichen durchgeführt. Etwa die Hälfte der Befragten ist mit der aktuellen Wahlaltersgrenze von 18 Jahren einverstanden, ca. 40% sind für eine Senkung auf 16 Jahre, und einige Jugendliche wünschten sich sogar eine höhere Altersgrenze.

Unter den befragten Jugendlichen kam die SPD auf 29%, die Grünen auf 22% und die CDU auf 16%. Die PDS und die Anarchistische Pogo-Partei Deutschlands (APPD) erreichten 11%, die DKP 5,5%. Rechtsradikale Parteien kamen auf 3,6% und die FDP auf 1,8%. 2

Pflegefamilien statt Jugendwohnungen

24.07.1998 Hamburgs Jugendsenatorin Raab (SPD) will Kinder und Jugendliche, die außerhalb ihrer Familie aufwachsen, verstärkt in Pflegefamilien statt in Jugendwohnungen unterbringen. Dies sei für Kinder besser. Außerdem verspricht sie sich davon Einsparungen in Millionenhöhe, da die Unterbringung in einer Pflegefamilie das Land nur knapp ein Viertel koste.

Britisches Oberhaus lehnt homosexuelle Beziehungen ab 16 ab

24.07.1998 Das britische Oberhaus hat mit großer Mehrheit ein Gesetz abgelehnt, demzufolge homosexuelle Beziehungen ab 16 Jahren erlaubt sind. Dieses Gesetz war vor einigen Wochen vom Unterhaus mit 2/3-Mehrheit angenommen worden. Da das äußerst konservative Oberhaus nicht demokratisch gewählt ist, kann es Gesetze aber nicht verhindern, sondern nur verzögern. 14

150 000 Kindesmißhandlungen pro Jahr

24.07.1998 Der vorerst geheimgehaltene 10. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung kommt zu dem Ergebnis, daß in Deutschland jedes Jahr 150 000 Kinder körperlich mißhandelt und 80 000 sexuell mißbraucht werden. Es sei davon auszugehen, "daß 15 bis 20 Prozent aller Erwachsenen als Kind bis zum Alter von 16 Jahren schwerwiegende sexuelle und/oder körperliche Mißhandlungen erfahren haben". Die Kommission hält "eine rechtliche Regelung mit einem Verbot des Züchtigungsrechts und einer Verpflichtung zur gewaltfreien Erziehung für dringend geboten" Auch ein "leichter Klaps" wäre dann nicht mehr erlaubt. 15, 16

Kinder sind teuer

24.07.1998 Statistiker haben errechnet, daß Eltern für ein Kind bis zu 19. Lebensjahr etwa 170 000 DM ausgeben, bei zwei Kindern sind es 240 000 DM. Für 13- bis 18-jährige Jugendliche geben Eltern jährlich etwa das doppelte aus wie für Vorschulkinder. 17

SPD und CDU für geschlossene Heime

28.07.1998 Die CDU/CSU fordert in ihrem Wahlprogramm die Unterbringung "schwerkrimineller" Jugendlicher in geschlossenen Heimen. In ihrem am Vortag vorgestellten Positionspapier zur Innenpolitik hatte die SPD dies ebenfalls gefordert. Darüber hinaus fordert die CDU, daß 18- bis 21-jährige im Regelfall nach dem Erwachsenenstrafrecht zu bestrafen sind. Außerdem soll die Höchststrafe im Jugendstrafrecht von 10 auf 15 Jahre angehoben werden. 18

Ermittlungen wegen DDR-Spezial-Kinderheimen

29.07.1998 Wegen der Zustände im ehemaligen Spezial-Kinderheim in Meerane bei Karl-Marx-Stadt hat die Staatsanwaltschaft jetzt Ermittlungen aufgenommen. Kinder wurde dort mehr oder weniger willkülich eingewiesen. Ehemalige Insassen berichten von regelmäßigen Mißhandlungen und Brutalitäten, bei denen sogar eine Peitsche eingesetzt worden sein soll. Auch sexuellen Mißbrauch habe es gegeben. Essensentzug, Sprechverbot, Sport bis zum Umfallen und Einzelarrest seien die Regel gewesen. 4

Nürnberger Bildungsbündnis gegen Sitzenbleiben

29.07.1998 Das "Nürnberger Bildungsbündnis", ein Zusammenschluß aus 16 Verbänden, hat sich anläßlich der Zeugnisausgabe dafür ausgesprochen, daß Schüler nicht mehr pauschal in allen Fächern sitzenbleiben können, sondern nur die entsprechenden Fächer wiederholen müssen. Elke Leo, Vorsitzende des Nürnberger Elternverbandes, fordert mehr Klarheit bei der Notenvergabe. Rainer Neumann von der "Aktion Humane Schule" spricht sich generell gegen Noten aus und die Stadtschülersprecherin für eine Bewertung der Lehrer durch die Schüler.

Alle 7 Stunden ein totgeprügeltes Kind

Nach einer Studie von 1994 werden in den USA jährlich etwa 1 000 000 Kinder Opfer von Mißhandlung und Vernachlässigung. Alle 7 Stunden stirbt ein Kind an den Folgen von Gewalt in der Familie. Nach Schätzung mißhandeln zwei Drittel der Männer, die ihre Frau mißhandeln, auch ihre Kinder.


August

Bunte Haare nicht mehr verboten

03.08.1998 Nach einem Gerichtsurteil darf die private südchilenische Winsor-Schule es ihren Schülern nicht mehr verbieten, sich zu küssen, Händchen zu halten und "einfache Zärtlichkeiten auszutauschen". Außerdem dürfen Jungen Ohrringe und lange Haare tragen, Mädchen dürfen sich ihre Haare färben. Zu dem Urteil kam es weil zwei 13 und 15 Jahre alte Schüler gegen neue strengere Regeln geklagt hatten. 19

Frühere Strafmündigkeit gefordert

07.08.1998 Der bayrische Staatsinnensekretär Alfred Sauter forderte anläßlich der Vergewaltigung eines achtjährigen Mädchens durch drei zehn-, elf- und zwölfjährige Jungen die Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters. "Eine Herabsetzung dieser Altersgrenze und die Ausweitung von erzieherischen Maßnahmen nach dem Jugendstrafrecht auf Kinder ist angesichts der beängstigenden Steigerung der Kriminalität von Kindern wohl unumgänglich" 20

Erziehung als alternative Strafe

07.08.1998 Berlins Justizsenator Ehrhard Körting (SPD) will das Unrechtsbewußtsein jungen Menschen schärfen, indem die Polizei bei kleineren Delikten (wie zum Beispiel Graffitis) "erzieherische Maßnahmen" vorschlagen dürfen soll. Werden diese Maßnahmen akzeptiert, wird das Verfahren eingestellt, was bisher ohnehin in den meisten Fällen geschah. Zu den Erziehungsmaßnahmen, zu den auch eine zehnstündige gemeinnützige Arbeit gehören kann, zählt auch ein "mahnendes Gespräch" mit der Polizei und den Eltern. In diesem soll es um "mangelnde Erziehung und Wertevermittlung im Elternhaus" gehen. 10

Härte Bedingungen für Versetzung gefordert

07.08.1998 Nordrhein-Westfalens Bildungsministerin Gabriele Behler will die Bedingungen für die Versetzung ab dem Schuljahr 1999/2000 verschärfen. In der Hauptschule soll mit einer 6 in Deutsch, Mathe oder Englisch eine Versetzung in die 7. bis 10. Klasse unter keinen Umständen mehr möglich sein. Am Gymnasium muß eine 5 in Deutsch, Mathe oder einer der ersten beiden Fremdsprachen durch mindestens eine 3 in dieser Fachgruppe ausgeglichen werden. Am Gymnasium soll Sport als Abiturprüfungsfach nicht mehr möglich sein. Außerdem müßten sich die Schüler in zwei Fremdsprachen prüfen lassen. Allerdings soll die 11. Klasse so gestaltet werden, daß die übersprungen werden kann, aber nicht muß. Mehr als 20% der Schüler in Deutschland wären von den Änderungen betroffen, die im Herbst im Landtag beschlossen werden könnten. 21

Protestaktion gegen Hausaufgaben

Ein britischer Schüler hat sich aus Protest gegen nicht freiwillige Hausaufgaben am Zaun von Downing Street 10, dem Haus von Premierminister Tony Blair, angekettet.

Regierungsangestellte dürfen Kinder beschäftigen

14.08.1998 Auf eine Anfrage der nationalen Menschenrechtskommission NHCR, bestätigte die indische Regierung, daß Regierungsangestellte Kinder als Hauspersonal beschäftigen dürfen. Das Verbot von Kinderarbeit gelte nicht für Hausbedienstete. 22

Kinderarbeit in Spanien entdeckt

15.08.1998 Spanische Gewerkschaften haben herausgefunden, daß im Südwesten Spaniens über 200 Kinder bei der Tomatenernte arbeiteten. Die Sieben- bis Zehnjährigen hatten für einen sehr geringen Lohn 13 Stunden am Tag Kisten geschleppt. 22

Junge Liberale gegen Wahlrecht ab 16

17.08.1998 Die Jugendorganisation der FDP, "Junge Liberale", hat sich gegen eine Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre ausgesprochen. Wer das Wahlrecht ändern wolle, müsse auch das Strafrecht ändern. 6

Peschel-Gutzeit für Wahlrecht ab Geburt

17.08.1998 Hamburgs Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit hat sich für ein Wahlrecht ab Geburt ausgesprochen, das von den Eltern ausgeübt werden solle. Sie erhofft sich davon eine familienfreundlichere Politik, weil keine Partei an diesen Wählerstimmen vorbeigehen könne. 15

Mehr Freiheit für Schulen

21. und 22.08.1998 Mit Beginn des neuen Schuljahres erhalten Schulen in Schleswig-Holstein eine etwas größere Freiheit, indem sie ein eigenes "pädagogischen Profil" erarbeiten sollen. In Test-Klassen wird ab der dritten Klasse Dänisch und Englisch vermittelt, allerdings ohne Zensuren.

Trotz Protest von CDU und Lehrern sieht die Schulreform von SPD und Grünen eine Drittelparität von Lehrern, Eltern und Schülern in der Schulkonferenz vor. Die Lehrerschaft hat bei wichtigen Entscheidungen ein Vetorecht. 23

Freie Schule nicht zugelassen

24.08.1998 Die Freie Schule in Wallmow in der Uckermark wurde vom brandenburger Bildungsministerium nicht zugelassen, da es im 35 Kilometer entfernten Taschenberg bereits ein ähnliche nichtstaatliche Schule gibt. Eine weitere freie Schule in der Uckermark gefährde den Vorrang staatlicher Schulen. In der abgelehnten Schule hätten 18 Kinder "frei und selbständig" ohne Stundenplan und Zensuren lernen können. 6

Freie Schule in Rostock eröffnet

24.08.1998 In Rostock ist eine Freie Schule eröffnet worden. In die nach der Montessori-Pädagogik arbeitende Schule gehen 70 Kinder und Jugendliche zwischen fünf und 16 Jahren.

3 Millionen Erstwähler

Zur Wahl des 14. Deutschen Bundestages am 27. September sind ca. 3 Millionen junge Menschen, die in den Jahren 1976 bis 1980 geboren wurden, erstmals berechtigt, an einer Bundestagswahl teilzunehmen. Unter den 21- bis 45-jährigen sind 25,9 Millionen wahlberechtigt, von den 45- bis 60-jährigen sind es 14,6 Millionen und von den Über-60-jährigen 17,7 Millionen. 24

Bewährungsstrafe für Mutter wegen Schulpflichtverletzung

26.08.1998 Eine Hamburger Mutter wurde zu einer dreimonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt, weil ihr Sohn zwei Jahre lang kaum bzw. gar nicht zur Schule ging. Sie hatte morgens das Haus verlassen und hoffte, er würde zur Schule gehen, was er aber so gut wie nie tat. Der Verurteilung waren Zwangsgelder in der Gesamthöhe von 4 500 DM vorausgegangen. 25

Ausgangssperre in Brüssel

Im Brüsseler Stadtteil Koekelberg ist Kindern unter 14 Jahren der Aufenthalt im Freien nach 22 Uhr verboten. Bei Zuwiderhandlungen werden sie von der Polizei nach Hause gebracht. Eltern deren Kinder mehrfach aufgegriffen werden, können wegen Vernachlässigung der Aufsichtspflicht angezeigt werden. Die belgische "Liga für Menschenrechte" bezeichnete das Ausgangsverbot als eine "fundamentale" Verletzung von Grundrechten. 26

Kirche will Religion als reguläres Schulfach

26.08.1998 Die brandenburger katholische Kirche will einen Staatsvertrag mit Berlin nur unterzeichnen, wenn klargestellt wird, daß Religionsunterricht "ordentliches Lehrfach" wird. 10

Kinderrechtsgruppe K.R.Ä.T.Z.Ä. will Bundestagswahl anfechten

27.08.1998 Einen Monat vor der Bundestagswahl droht die Berliner Kinderrechtsgruppe K.R.Ä.T.Z.Ä. mit der Anfechtung der bevorstehenden Bundestagswahl, da ein Fünftel der Bevölkerung vom politischen Grundrecht auf Mitbestimmung ausgeschlossen bleibt. Die Anfechtung sei juristisch gerechtfertigt, da eine bereits im Februar beim Berliner Verwaltungsgericht eingereichte Klage des Schülers Robert Rostoski vom Gericht nicht bearbeitet werde.

Die Klage richtet sich gegen die Entscheidung des Wahlamtes von Berlin-Mitte, dem Antrag des inzwischen 17jährigen Schülers auf Eintragung in das Wahlverzeichnis nicht stattzugeben. Die vom Münchener Rechtsanwalt Peter Merk verfaßte Klageschrift beruft sich auf den Artikel 20(2) des Grundgesetzes, wonach alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, zu dem Menschen unter 18 Jahren unzweifelhaft gehören. (mehr Infos unter http://privat.schlund.de/kraetzae/wahl.htm) 27

Analphabeten in Deutschland

28.08.1998 In Mecklenburg-Vorpommern leben nach Schätzungen des Deutschen Unesco-Institutes etwa 40 000 sogenannte "funktionale Analphabeten". „Das sind Menschen, die trotz allgemeiner Schulpflicht Lesen und Schreiben nur so unzureichend beherrschen, daß sie es in ihrem Alltag nicht anwenden können." 28

Schulreform in Rheinland-Pfalz

28.08.1998 Nach Ende der Sommerferien tritt in Rheinland Pfalz eine Schulreform in Kraft. Die Grundschule wird zu einer "vollen Halbtagsschule", in der es fächerübergreifenden Unterricht gibt, keine Klingelzeichen und keinen starren 45-Minuten-Takt. In der 11. Klasse wird das Kurssystem wieder eingeführt, und in der 13. Klasse werden Unterricht und Prüfungen gestrafft, so daß es das Abiturzeugnis ab 2001 schon Ende März gibt. 3

Innensenator gegen Wahlrecht ab 16

29.08.1998 Bremens Innensenator hat sich gegen eine Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre noch in dieser Legislaturperiode ausgesprochen. 6

Bündnis gegen vierjährige Grundschule

29.08.1998 Ein Bündnis aus Gewerkschaften, SPD und Grünen startet eine Unterschriftenaktion für den Erhalt der sechsjährigen Grundschule. Die CDU sammelt seit Mitte Juni unter dem Motto "Aktion Elternwille" Unterschriften dafür, daß mehr Schüler bereits nach der vierten Klasse auf ein Gymnasium wechseln können. 6

Neues Pflichtfach ab 5. Klasse

29.08.1998 Ab dem Jahr 2000 gibt es in Berlin in der 5. und 6. Klassenstufe ein neues zusätzliches Pflichtfach, das sich "Wahlunterricht/verbindlich" (WUV) nennt. WUV umfaßt zwei Unterrichtsstunden pro Woche und wird von den Schülern mitbestimmt. Theater-, Tanz-, Kunst- und Werkunterricht, Computerkurse und vieles andere können Inhalt des Faches sein. 10

Lernwerkstatt für Schulverweigerer

Für Schulverweigerer aus dem Raum Frankfurt-Offenbach gibt es eine Lernwerkstatt, in der Jugendliche wieder für das Lernen interessiert werden sollen und einen Hauptschulabschluß machen können. Das Frankfurter Schulamt hat jährlich mit ca. 10 bis 20 Fällen zu tun, in denen geprüft wird, ob die Schulpflicht "ruhen" soll. Die Schulpflicht kann nur dann ausgesetzt werden, "wenn ein Kind weder in der Sonderschule, noch in gesondertem Unterricht gefördert werden kann". 3

ÖDP-Kandidat für Wahlrecht ab 16

31.08.1998 Rainer Baumgärtner, der in Frankfurt am Main für die ÖDP als Direktkandidat antritt, will sich für das kommunale Wahlrecht ab 16 einsetzen. Politikverdrossenheit sei bei Jugendlichen nur dann zu spüren, "wenn man sie nicht ernst nimmt". 4


Quellen: 1 AP, 2 Saarbrücker Zeitung, 3 Frankfurter Neue Presse, 4 Mainpost, 5 Mannheimer Morgen, 6 taz, 7 LiSA, 8 Westfälische Nachrrichten, 9 APPD, 10 Berliner Zeitung, 11 Die Presse, 12 Salzburger Nachrichten, 13 Der Standard, 14 Frankfurter Rundschau, 15 Berliner Morgenpost, 16 Hamburger Abendblatt, 17 EXPRESS News, 18 AFP, 19 El Mercurio, 20 Nürnberger Nachrichten, 21 Kölner Stadt-Anzeiger, 22 dpa, 23 Lübecker Nachrichten, 24 WN Online, 25 Die Welt, 26 Stuttgarter Zeitung, 27 K.R.Ä.T.Z.Ä., 28 Schweriner Volkszeitung



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