Der Schüler der zehnten Klasse Benjamin Kiesewetter kündigt der Schulleitung der Robert-Blum-Schule an, daß er künftig nicht mehr am Chemieunterricht teilnehmen wird und begründet dies auf mehreren Seiten. Er beantragt, nicht mehr benotet zu werden. Klick
Der Schulleiter Herr Kraschewski gibt der Erziehungsberechtigten des Schülers schriftlich bekannt, daß eine solche "Unterrichtsverweigerung" als unentschuldigtes Fehlen gelte. Klick
Die Vertrauenslehrerin Frau Kostro schreibt dem fehlenden Schüler einen Brief, in dem sie sein Schreiben an den Schulleiter kritisiert. Sie stellt drei Gegenargumente zur Diskussion.
In einem Schreiben an die Vertrauenslehrerin geht der Schüler Benjamin Kiesewetter auf die drei Gegenargumente ausführlich ein. Frau Kostro gibt bekannt, daß sie sich nochmal schriftlich äußern werde. Dies nimmt sie Wochen später wieder zurück.
Der Rechtsanwalt und Notar Jens A. Brückner wird von dem Schüler und der Kinderrechtsgruppe K.R.Ä.T.Z.Ä. hinzugezogen.
Auf Anfrage des Oberschulrates Herrn Schmidt kommt es zu einem einstündigen Gespräch im Landesschulamt. Benjamin Kiesewetter und seiner Mutter wird erläutert. daß Bußgeld verhangen werden kann und daß bei weiterem Fehlen in der elften Klasse der Tatbestand "fehlender Bildungswille" bestünde, die Schule den Schüler also ausschließen könnte.
Der Rechtsanwalt Herr Brückner legt Widerspruch gegen die am 4.3.96 erfolgte Ablehnung der Befreiung vom Chemieunterricht ein und beantragt, den Schüler vom Unterricht zu befreien.
Hinsichtlich der Aufforderung der Zensurenkonferenz der zehnten Klasse gibt Benjamin Kiesewetter eine Stellungnahme ab, in der es heißt, daß seine zukünftige Anwesenheit im Chemieunterricht "natürlich außer Frage" stehe, sobald ihm dafür einleuchtende Argumente genannt würden.
Im Zeugnis erscheint die Note 6 im Fach Chemie. Der Schüler wird versetzt in die elfte Klasse.
Der Schulleiter Herr Kraschewski möchte dem Widerspruch vom 14.6. nicht abhelfen. Er wird an die Rechtsabteilung des Landesschulamtes weitergeleitet.
Der Rechtsanwalt Herr Brückner teilt dem Oberschulrat Herrn Schmidt mit, daß der Tatbestand des "fehlenden Bildungswillen" in diesem Fall aufgrund der "Redlichkeit des Auftretens und der Lauterkeit der Motive" nicht zutreffend sei. Klick
Herr Brückner beantragt weiterhin beim Landesschulamt und der Schulleitung das Zeugnis dahingehend zu ändern, daß das Fach Chemie unbenotet bleibt und daß der Schüler vom Chemieunterricht im Schuljahr 1996/97 befreit wird.
Der Schulleiter Herr Kraschewski lehnt eine Befreiung vom Unterricht und eine Nichtbenotung ab. Er weist darauf hin, daß die Schule gezwungen sei, Benjamin Kiesewetter entsprechend den Ausführungsvorschriften über Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen zu behandeln.
Einladung der Klassenlehrerin Pfeiffer zur Klassenkonferenz am 17.9., an der Benjamin Kiesewetter und seine Mutter gehört werde sollen.
Der Schüler schreibt an alle Lehrer, die Schüler- und Elternsprecher einen Brief, in dem er darum bittet, am 17.9. inhaltlich die Argumente zu überprüfen und danach zu entscheiden. Er weist daruf hin, daß die Schule laut Ausführungsvorschriften sehr wohl die Möglichkeit habe, den Ausschluß nicht zu empfehlen.
Trotz des Protestes der Schülersprecher entscheidet die Klassenkonferenz, eine Empfehlung herauszugeben, daß der Ausschluß von der Schule schriftlich angedroht wird.
Das Landeschulamt erteilt einen Widerspruchsbescheid, in dem der Widerspruch vom 14.6. zurückgewiesen wird. Dagegen kann innerhalb eines Monats Klage erhoben werden.
Der Oberschulrat Herr Schmidt spricht dem Schüler Benjamin Kiesewetter schriftlich die Androhung des Ausschlusses aus der besuchten Schule aus.
Einladung zur Gesamtkonferenz am 24.10.: "Anhörung des Schülers Benjamin Kiesewetter hinsichtlich einer Empfehlung des möglichen Ausschlusses von der Robert-Blum-Schule".
RA Brückner legt Widerspruch ein gegen die Ablehnung der Befreiung vom Chemieunterricht (erteilt von Schulleiter Herr Kraschewski am 4.9.96)
Klage vor dem Berliner Verwaltungsgericht gegen den Widerspruchsbescheid vom 24.9.1996
In einem Protestschreiben kündigt der Schüler an, den Chemieunterricht wieder zu besuchen, weil er Angst vor dem tatsächlichen Rausschmiß habe. Er nimmt an diesem Tag am Chemieunterricht teil und besucht ihn seitdem regelmäßig.
Die Gesamtlehrerkonferenz der Robert-Blum-Oberschule entscheidet mit einem Mehrheitsvotum von 43 zu 4 Stimmen für den Ausschluß von Benjamin Kiesewetter aus der besuchten Schule
Sitzung des Vermittlungsausschusses: Empfehlung der Umschulung
Zweites Gespräch mit dem Oberschulrat H. Schmidt Schriftliche Mitteilung: Umschulung in eine andere Schule mit demselben Bildungsziel
Hiergegen legt der Rechtsanwalt Widerspruch ein. Einem solchen Widerspruch kommt immer aufschiebende Wirkung zu, es sei denn, der Oberschulrat spricht die sofortige Vollziehung aus.
Die ehemalige Schulsenatorin Sybille Volkholz (Bündnis 90/ Grüne) reicht im Berliner Abgeordnetenhaus eine Kleine Anfrage zu dem Fall ein. Sie fragt den Senat, ob er eine solche Ordnungsmaßnahme für "pädagogisch angemessen" hält.
Benjamin Kiesewetter wird von der Schulleitung des Gebäudes verwiesen. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wird einfach nicht beachtet.
Daraufhin wird beim Verwaltungsgericht sofort der Antrag gestellt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen.
Herausgabe einer Pressemitteilung und eines Kommentars.
Zahlreiche Veröffentlichungen in der Tagespresse. Unter anderem Berliner Zeitung, Die Welt, B.Z., Neues Deutschland.
Erst jetzt wird die Ordnungsmaßnahme schriftlich begründet und die sofortige Vollziehung offiziell ausgesprochen. Klick
Gegen diese Ordnungsmaßnahme wird Widerspruch eingereicht.
Vor dem Berliner Verwaltungsgericht findet der Versuch einer gütlichen Einigung zur Frage der sofortigen Vollziehung der Umschulung statt. Vom Richter wird vorgeschlagen, daß das Schulamt die sofortige Vollziehung zurücknimmt und Benjamin dafür nicht mehr untentschuldigt im Chemieunterricht fehlt. Es erscheinen erneut mehrere Berichte in Tageszeitungen.
Zustimmung zum Vergleich durch Rechtsanwalt Brückner im Namen von Benjamin Kiesewetter
Das Schulamt nimmt die sofortige Vollstreckung der Umschulung
zurück
K.R.Ä.T.Z.Ä. gibt eine neue Pressemitteilung
heraus
Die Klage gegen die Zurückweisung des Antrags auf Freistellung vom Chemieunterricht wird vor dem Berliner Verwaltungsgericht verhandelt. Neue Pressemitteilung.
Gegen das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts wird Berufung eingelegt..
Herausgabe einer neuen Pressemitteilung.