Unterrichtsgeschehen in Summerhill
Ausschnitt aus dem neuen Buch über Summerhill:
Matthew AppletonSummerhill Kindern ihre Kindheit zurückgeben
Schneider Verlag, Hohengehren, 2000, 190 Seiten, 29,80 DM
Es hat mich immer gewundert, daß so viele Besucher Unterrichtsstunden
sehen wollen. Ich habe nie verstanden, was sie dabei so interessierte.
Die Einzigartigkeit von Summerhill liegt im Gemeinschaftsleben, in der
Selbstregelung und Meinungsfreiheit und nicht im Unterricht. Es gibt keine
besonderen Lehrmethoden, die in Summerhill angewendet werden. In der Tat
ist der Unterricht eher als ziemlich traditionell zu bezeichnen. Die Lehrer
bringen ihren eigenen Unterrichtsstil mit und können so unterrichten,
wie sie wollen. Falls es besondere Fähigkeiten geben sollte, die
Summerhillkinder bei ihrer Unterrichtsarbeit offenbaren, so habe ich jedenfalls
noch nichts davon gehört. Das besondere an Summerhill ist die emotionale
Seite des Lebens und nicht die Gelehrsamkeit. Der einzige wesentliche
Unterschied zu anderen Schulen besteht darin, daß der Unterricht
nicht verpflichtend ist.
Ich wurde einmal von einer Schulinspektorin gefragt: Wie werden
Sie mit dem Problem fertig, daß Kinder nicht zum Unterricht gehen?
Es ist gar kein Problem, erwiderte ich. Wenn die Kinder
nicht zum Unterricht gehen, ist es deshalb, weil sie wichtigere Dinge
zu tun haben. Sie konnte meinem Gedankengang nicht folgen. Sie konnte
nicht begreifen, daß Kinder wichtigere Dinge zu tun haben, als den
ganzen Tag in der Klasse zu sitzen und zu lernen. Der Gedanke, daß
Kinder, die nicht zur Schule gehen, alles andere als ein Problem sind,
war ihr völlig fremd.